Die doppelten Hymnen

Uraufführung in Dillingen: ein Chorzyklus von Clemens Kremer

Clemens Kremer aber erfand für sie musikalische Gewänder, die der Zeit der lateinischen Texte angemessen sind: Unter jeden Hymnus legte er einen cantus firmus nach den Regeln des gregorianischen Gesangs, den er dann mit gleichfalls gregorianischen Gegenstimmen verwob. So entstand eine A-capella-Musik, die zunächst ein wenig archaisch anmutet, doch ihres Reichtums wegen beglückt.

Die Überraschung aber: Kremer hat die deutsche Übersetzung (des Historikers Friedrich Wolters) mit dem lateinischen Original gleichzeitig vertont – so daß also, wie im alten Quodlibet, mehrere Texte gleichzeitig erklingen. Bei Kremer verwirrt dieses Verfahren in keinem Augenblick, dank der Übersichtlichkeit der Architektur seiner meist vierstimmigen, doch mitunter auf weit mehr Stimmgruppen verteilten Sätze.

Der Chor von St. Maximin kam unter Josef Fischs Leitung sehr gut mit den Anforderungen zurecht. Tatsächlich dürften diese Hymnen jedem Chor zugänglich sein, der sich ein wenig auf Gregorianik versteht. Und darum scheint mir diese neue Komposition eine wesentliche Bereicherung der zeitgenössischen Sakralmusik.

Zwischen den einzelnen Hymnen improvisierte der Freiburger Domorganist Ludwig Doerr kleine Musiken zu den Themen der Hymnen. Zwei große Präludien und Fugen von Bach boten für Kremers Neuling den würdigen musikalischen Rahmen.

Kritik von Horst-Dieter Veeck in der Saarbrücker Zeitung